Samstagabend, volles Haus in der heimischen Paul Horn Arena, ein verunsicherter Gegner der unteren Tabellenregion und ein Auftakt nach Maß. Alles andere als ein Heimsieg könnte nur ein schlechter April-Scherz sein.

Wenn man die Walter Tigers über mehrere Spielzeiten nun verfolgt hat, hat man schon einiges gesehen. Und ist an vieles gewöhnt. Von zarten PlayOff-Träumen bis hin zum knallharten Abstiegskampf zwischen mehreren Teams, die auch tatsächlich punkten. Spieler kamen und gingen. Spiele wurden gewonnen, Spiele wurden verloren. Teils nach Führung, teils nach Rückstand.  Rekorde wurden in der Paul Horn Arena geschrieben und ausgebaut. Aber wenn der Sport eben gerne seine eigenen Geschichten erzählt, kommt eben immer noch etwas Neues. Etwas Krasseres. So wie eben dieser makabre, schlechte April-Scherz gestern Abend.

Dass die Tigers gerne stürmisch in ein Spiel starten, ist nichts Neues. Gerade zuhause. In den nun fünf Jahren, in denen ich die Walter Tigers bei fast jedem Heimspiel begleitet habe, konnte selbst gegen amtierende Meister und Erzrivalen oftmals furios gepunktet werden. Das erste Viertel wurde nur allzu gern ein Punkteregen auf dem Tübinger Parkett. Selten dabei allerdings so überragend wie gestern. Hart in der Defense, konsequent in der Offense – ein 9:0 nach zwei Minuten erzielt man nicht gerade im Vorbeigehen. Noch weniger baut man eine solche Führung selbstverständlich aus. Überragende 25:12 zur ersten Pause lassen selbst skeptische Fans und Reporter aufhorchen. Der dritte Heimsieg schien so nah, so greifbar.

Gastgeschenke! Wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Aber die Tigers sind eben keine Raubkatzen, wenn es um Gastgeschenke geht. Auch den Herren aus Bremerhaven, die aufgrund der großen Distanz kaum eigene Fans mitbringen konnten, will man etwas präsentieren. Und so kam eben was kommen musste. Der Vorsprung schmolz. Der Vorsprung verebbte. Steht man in einer solchen Situation am Spielfeldrand, kommt man schnell mit den Kollegen ins Gespräch. Die Angst, dass das Spiel kippt, ist zum Greifen nah. Zu oft wurden schon dritte Viertel zum traurigen Wendepunkt in der Paul Horn Arena. Doch eigentlich war es schon zu spät. Tübingen konnte bereits in den vorangegangenen Minuten kaum noch etwas gegen die Zonen-Verteidigung der Gäste ausrichten, das dritte Viertel sollte nur noch mauer werden: 10:26 endeten diese dritten zehn Spielminuten. Doch der traurige Höhepunkt sollte noch folgen: elf Punkte Rückstand nach 24 Sekunden im letzten Viertel. Nachdem man noch zwanzig Minuten zuvor mit dreizehn Punkten in Führung war.

Ratlosigkeit und die Angst vor Stau

In solchen Momenten ist man auch als langjähriger Wegbegleiter der Tigers ratlos. Ob es der Stadionsprecher ist, dessen Job es dennoch bleibt, das Publikum zu begeistern oder eben jenes treue Publikum selbst, das diesem offensichtlich schwer verletzten Patienten nicht noch durch Pfiffe Salz in die Wunde streuen möchte. Einzig die Reaktion vieler, vorzeitig die Arena zu verlassen, um dem obligatorischen Stau zu entgehen, erscheint rational. Sogar so vernünftig, dass ich mich letztlich dieser Masse anschloss und zum ersten Mal überhaupt ein Tigers-Spiel vorzeitig verlassen habe.

Das Spiel endete laut Homepage der Liga 76:85, nachdem Bremerhaven noch kurz vor Ende sogar eine 12-Punkte-Führung ausbauen konnte. Bremerhaven ist durch diesen Sieg auch rechnerisch sicher durch und bleibt im tabellarischen Niemandsland, Tübingen bleibt zwar theoretisch gefährdet, aber wie schon vor Wochen berichtet, ergibt sich durch die gesonderte Konstellation mit Vechta und Hagen eine komfortable Situation, die im Grunde ebenfalls mit dem Klassenerhalt gleichzusetzen ist. Nicht was die Leistungsfähigkeit angeht, aber eben in Sachen Punkte. Außerdem droht die Saison mit unglaublichen zwei(!!!) Heimsiegen beendet zu werden, neben Titel-Aspirant Bamberg kommen lediglich die sogar noch schlechter platzierten Braunschweiger nach Tübingen. Aber nach einem solchen Leistungsabfall wie gestern, fällt auch da nur sehr schwer, irgendwie an einen Sieg zu glauben.

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